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Freitag, 3. April 2015

Ostergedanken

Um Nächstenliebe, Moral und Verantwortung zu kennen,
muss ich nicht an Gott glauben - 
nur daran, dass andere mir grundsätzlich so ähnlich sind,
dass es angemessen ist, neben meinen Wünschen und Bedürfnissen
auch die ihren zu beachten.

Für die großen Fragen des Lebens
brauche ich keinen Gott - 
nur die Erkenntnis, das der Weg zur Wahrheit über ehrliche Fragen führt
und dass es auf diesem Weg keine Schande ist, 
sich einzugestehen, dass man etwas noch nicht weiß oder vielleicht auch nie wissen wird.

Um mich als Mensch mit Fehlern anzunehmen,
brauche ich keinen Gott -
nur ein bisschen Bescheidenheit
und dafür wird es mir umso leichter fallen, auch andere anzunehmen
und an meinen Fehlern nicht übermäßig festzuhalten.

Und selbst für die Angst vor Tod
brauche ich keinen Gott -
nur die Einsicht, dass jeder Augenblick des Endlichen gerade dadurch unendlich wertvoller wird,
als eine ziellos dahinlaufende Ewigkeit.

Um ein Mensch zu sein,
brauche ich keinen Gott -
nur ein bischen Mut, um wirklich auf eigenen Beinen zu stehen
- auch wenn ich zuweilen stolpern mag.
Denn ich weiß, dass ich wieder aufstehen kann - wenn nötig mit der Hilfe anderer Menschen.

Dienstag, 24. Februar 2015

Doofe Fragen

Es heisst immer wieder mal "Es gibt keine dummen Fragen." Leider stimmt das nicht so ganz. Für Fragen, die gestellt werden, um eine Antwort zu erhalten, die man bisher nicht hat und nicht ohne weiteres selbst finden kann, stimmt der Spruch sicher. Bei Fragen, die nur gestellt werden, um sich ein bisschen Arbeit zu sparen (Klassische Antwort: "Was steht denn im Skript dazu?"), kann man sich schon streiten. Aber dann gibt es ja noch die Fragen, die gestellt werden, weil man die Antwort kennt, aber nicht mag und hofft, dass das Gegenüber nicht aufpasst und man die gewünschte Antwort erhält. Aus dieser Kategorie der doofen Fragen hier meine Lieblings-"Dauerbrenner" von Studenten:

Du weisst doch schon vorher, dass die Antwort "Ja" heisst, wenn Deine Frage lautet...

"Ist das, was Sie gerade erzählt haben für die Klausur wichtig?"

"Wenn im LSF steht, dass das Praktikum von 10-18 Uhr geht, 
geht es dann wirklich von 10 bis 18 Uhr?"

"Wenn der Versuch bei mir nicht geklappt hat,
soll ich dann trotzdem was dazu im Protokoll schreiben?"

"Sollen wir die Arbeitsplätze nach dem Kurs sauber machen?"

"Muss ich damit wirklich unter dem Abzug arbeiten?"

"Ist das wirklich schon Ergebnisverfälschung, wenn ich die paar Werte streiche?"

Du weisst doch schon vorher, dass die Antwort "Nein" heisst, wenn Deine Frage lautet...

"Kann man den Schritt nicht einfach weglassen, der dauert so lang?"

"Können wir mit der Nachbesprechung noch 10 min warten, 
damit ich noch eine Rauchen gehen kann?"

"Können Sie nochmal durch meine Klausur schauen? Mir fehlt nur ein Punkt zur besseren Note!"

"Kann ich während der Klausur Notizen auf einen Extrazettel machen?"

"Kann das nicht einfach die TA machen?"

"Kann ich den Vorrat schnell mit an meinen Platz nehmen?"

...also, spar Dir und mir die Zeit und nutze sie für etwas sinnvolleres!

Freitag, 26. Dezember 2014

Ein Abendessen (Kurzgeschichte)

Hinweis: Diese Kurzgeschichte mag der eine oder andere seltsam, kindisch oder geschmacklos finden. Das ist beabsichtigt ;)

Es ist achtzehn Uhr, als Paul und Tina an der Tür klingeln. Susi und Peter haben die beiden zu einem gemütlichen Abendessen eingeladen. Schon als Paul durch die Tür tritt strahlt er seine Gastegeber an. Er wirkt ein bischen aufgedreht, aber so ist Paul eben. Das Essen ist schmackhaft und die Unterhaltung lebhaft. Als alle aufgegessen haben, schiebt Paul den Teller von sich und lächelt in die Runde: "Stört es irgendwen, wenn ich mir einen runterhole?"
Als seine Gegenüber stocken, winkt Paul ab: "Kein Problem, ich kann dazu gerne ins Bad gehen. Ich wisch auch über die Klobrille und kippe das Fenster an."
Peter blickt kurz zu seiner Susi und fasst dann den Mut zu antworten: "Du, wir haben das Bad gerade frisch geputzt. Wenn Du unbedingt musst, könntest Du bitte auf den Balkon raus gehen?"
Paul seufzt sichtbar genervt: "Von 'müssen' kann keine Rede sein. Für mich ist das einfach etwas, das ich genieße. Das gehört für mich dazu. Aber raus ins Kalte gehe ich dafür jetzt nicht."
Jetzt muss Susi kurz auflachen: "Ihr müsstet ihn mal bei der Arbeit sehen, jede Stunde verschwindet er fünf bis zehn Minuten. Aber unser Chef ist da tolerant - der ist ja auch ein Wichser!"
"Ach," springt Tina ihrem Paul zu Seite, "so eine schlimme Angewohnheit ist das ja auch nicht. Früher habe ich auch oft masturbiert. Heute nur noch gelegentlich. Bei Parties, wenn ich viel getrunken habe. Aber Paul ist danach wirklich immer viel entspannter."
So richtig entspannt wird Paul den Rest des Abends nicht mehr, nimmt auch immer weniger an den Gesprächen teil und starrt zunehmend griesgrämiger zur Wand. Allzu bald fühlt Tina den Drang, zu erwähnen, wie anstregend die Woche doch war und dass man sich langsam auf den Weg machen sollte.
Kaum sind die beiden zur Tür heraus, greift sich Paul in die Hose und seufzt erleichtert auf. Den ganzen Weg zur Bushaltestelle ist er beschäftigt und dabei merklich entspannter und redefreudiger. Jetzt ist Tina ein wenig genervt, aber es kommt noch schlimmer.
Als sie an der Haltestelle angekommen sind, hat es zu Nieseln begonnen, so dass sich die Wartenden unter dem kleinen Dach drängen. Mehrere der Wartenden fühlen sich offenbar von Pauls Beschäftigung gestört, aber nur ein älterer Herr spricht ihn an: "Entschuldigen Sie, aber könnten Sie das hier vielleicht lassen? Sie stehen ja gerade vor dem Schild, das Wartende bittet, Rücksicht auf andere zu nehmen..."
Paul läuft rot an und dreht sich zu dem älteren Herrn, der sichtbar versucht, Abstand zu gewinnen, um nichts abzubekommen: "Sie sind doch hier der Rücksichtslose, soll ich etwa raus in den Regen?" Mit zwei, drei kräftigen Schnaufern wird Paul fertig, aber aus purem Trotz beginnt er die nächste Runde, auch wenn der Bus schon in Sicht ist und er sicher nicht mehr damit fertig wird. Was er auf dem Boden der Haltestelle hinterlässt, ist ihm dabei inzwischen völlig egal.
Auf der Heimfahrt merkt Paul, dass Tina inzwischen stinksauer ist. Aber er weiß, wie sich das besänftigen lässt. Zu Hause werden sie kurz streiten, sich dann zusammen an das offene Küchenfenster setzen - die eigenen neuen Sofakissen möchte man ja vor jeder Verunreinigung schützen - sich jeweils selbst befriedigen und dann ins Bett gehen.

Wenn Du denkst, dass Paul ein ernsthaftes Problem hat, am besten mal einen Therapeuten aufsuchen sollte und dass die Leute um ihn herum mit seiner Macke eigentlich viel strenger umgehen sollten, dann werde ich Dir nicht widersprechen. Immerhin ist Pauls Laster relativ ungefährlich. Es beugt Protstatakrebs vor, senkt den Blutdruck, wirkt Depressionen entgegen, hat eher positive Auswirkungen auf die Qualität seines Liebeslebens und gefährdet andere nicht, solange er dabei nicht Autofährt. Anders wäre das zum Beispiel bei anderern Lastern wie Rauchen, das bei Krebs, Blutdruck, Depression, Qualität des Liebeslebens und Gefährdung Anderer ganz anders abschneidt (Gemeinsam ist aber, dass es beim Autofahren gefährlich werden kann). Wie ich jetzt gerade auf Rauchen komme, kann ich Euch aber auch nicht sagen...

Donnerstag, 27. November 2014

Ein kleines bisschen Glück

Vorhin war ich auf dem Heimweg, müde und von der frühen Dunkelheit ein wenig melancholisch gestimmt. Aber als ich zum Hauptbahnhof kam, hörte ich eine Stimme - kräftiger und klarer als irgend ein Mensch je sein könnte. In einem Baum saß eine Amsel und sang.
Ich lief über die Strasse und den Parkplatz zu dem Baum. Das Lied der Amsel war unglaublich klar, mit vielen Variationen und bewundernswerter Ausdauer - so schön, dass es in der Seele wehtat. Es hiess "Ich bin hier, ich bin stark, ich lebe!" und im Frühjahr würde es Konkurenten und Weibchen gleichermaßen beeindrucken. Jetzt, an einem kalten und dunklen Novemberabend wirkte es wie eine trotzige Ansage an den kommenden Winter, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Nach ein paar Minuten war es vorbei. Nur ein Mensch war stehen geblieben, um zuzuhören. Es war noch immer dunkel und kalt, aber das hatte nicht mehr viel Platz in meinem Kopf.
Ein kleiner Moment des Glücks ist manchmal ein unerwaretets Geschenk, nur zugreifen müssen wir selbst...

Samstag, 12. April 2014

Ein kleines bisschen Gleichberechtigung

Echte Gleichberechtigung zu erreichen ist und bleibt eines der wichtigen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit - ob zwischen Männern und Frauen, Homo- und Heterosexuellen, verschiedenen Gläubigen und nicht-Gläubigen, verschiedenen Gesellschaftsschichten und so weiter und so fort. Ohne Frage gibt es heute noch viele, zum Teil auch große, Probleme und bei einigen ist das größte Problem, dass sie uns nicht einmal bewusst werden, wenn wir nicht betroffen sind. Und bei allem Wandel geht es oft zu langsam und zu wenig weit. Aber auf der anderen Seite wandelt sich auch vieles erstaunlich schnell, ohne dass wir es wirklich wahrnehmen. Ein Beispiel ist mir heute im Heidelberger Zoo aufgefallen, als ich an der Toilette warten musste.
Nein nicht auf meine Freundin, sondern weil es an der Herrentoilette eine Schlange gab. Und nein, nicht weil da so viele Männer anstanden oder diese so lange gebraucht hätten, sondern weil da insgesamt vier Väter mit zusammen sieben Kindern waren. Als ich klein war, war es völlig selbstverständlich, dass kleine Kinder mit ihren Müttern auf die Toilette gingen und es war fast so etwas wie ein Ritual der Mannwerdung, wenn man - groß genug um stehend ans Pissoir zu reichen, mit auf die Herrentoilette gehen konnte. Wickeltische für die ganz kleinen gab es sowieso nur - wenn überhaupt - bei den Damen. Mit den Behindertentoiletten und dem größeren Raum, den diese boten, kam der allgemein zugängliche Wickeltisch, dann tauchten immer mehr niedrig installierte Pissoirs für Jungs auf Herrentoiletten auf und irgendwann, ich glaube in den späten Neunzigern, kam bei IKEA tatsächlich ein ausklappbarer Wickeltisch in die Herrentoilette - damals noch eine Kuriosität. Inzwischen sind wickelnde Väter genauso alltäglich wie solche, die ihren Kindern auf der Toilette helfen - ob sie kleinen Jungs zeigen, wie alles funktioniert oder kleine Mädchen über die Schüssel halten. Vor nicht allzu langer Zeit waren Kinder auf der Herrentoilette noch irgendwie seltsam, heute fallen sie nur noch auf, wenn die Schlange länger als bei den Damen ist. Ich denke, dass solche Veränderungen, vielleicht mehr als alle Kampagnen oder Quotenregeln, zeigen, wie sich festgelegte Geschlechterrollen wandeln - gerade an einem Ort wo wir Männlein und Weiblein sonst so säuberlich trennen. Und für die folgenden Generationen wird es vielleicht selbstverständlich sein, dass wir uns auch hier gar nicht so sehr unterscheiden. Deshalb an dieser Stelle mal ein wohlverdientes Lob für alle Väter, die ihren Kindern beim Pinkeln helfen.
Und wenn sich die Schlange besser verteilt, dann müssen wir Männer am Ende auch kürzer auf unsere Begleitung warten. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind: 10-15 kg Kind präzise über einer Porzellanschüssel balancieren ist doch sowieso eher eine Aufgabe für echte Kerle, oder? ;)