Mittwoch, 26. Juni 2019

Wie war das eigentlich nochmal mit der Hitze?

Kretische Mauereidechse beim Sonnen
Zur Zeit ist es ja mal wieder recht warm und wir alle bemerken, dass das mit uns verschiedene Dinge anstellt. Aber was passiert eigentlich in unserem Körper, wenn es heiss ist? Nun grundsätzlich sind wir ja als Säugetiere sogenannte endotherme Lebwesen, das heisst, unser Körper regelt seine Temperatur von Innen selbst auf gemütliche 36-37°C bei denen die meisten Prozesse in uns optimal laufen - nicht zu langsam, nicht zu schnell und gut aufeinander abgestimmt. Exotherme Tiere wie z.B. Eidechsen dagegen erhalten ihre Körpertemperatur vorwiegend von außen und sind daher bei Kälte träge und bei Wärme stärker aktiv. Wird es zu warm, dann wird es aber gefährlich, da ab etwas über 40°C Proteine denaturieren, also nicht mehr funktionieren, und dann im Körper alles mögliche nicht  mehr funktioniert, im schlimmsten Fall bis zum Tod. Eidechsen sonnen sich daher morgens, gehen in der Mittagshitze aber in den Schatten - und bis zu einem gewissen Grad machen wir ähnliches ja auch, um unserem Körper zu helfen - zumindest, wenn wir schlau sind, als Touristen vergessen wir das machmal...
Aber wie können wir unsere Temperatur jetzt eigentlich so viel genauer konstant halten als unsere Eidechse? Meistens heisst das vor allem Wärme erzeugen - was wir mit unserem Stoffwechsel und unseren Muskeln machen - und speichern - wobei uns unser Unterhautfettgewebe als Isolator hilft. Das ist übrigens auch ein Grund, warum Männer - die mehr Muskelmasse haben - weniger schnell frieren und Frauen ihr Leistungsoptimum bei etwas höheren Temperaturen erreichen. (Über den anderen Grund, die Körpergröße, reden wir gleich noch!) Und das ist auch der Grund, warum Sport in der Mittagshitze keine gute Idee ist, da wir unseren Körper damit schnell überlasten können und Trägheit in der Hitze tatsächlich ein sinnvolles Verhalten ist - ein Freibrief für "Schlaffis" ist das aber auch nicht, denn mehr Fett isoliert eben auch besser und wie wir gleich sehen werden, ist Kühlung eine große Leistung unseres Körpers und die funktioniert bei einem gewissen Trainigsstand halt auch besser.
Afrikanischer Steppenelefant im Tierpark Berlin mit großen, coolen Ohren!
Okay, damit sind wir auch schon beim nächsten Schritt: Kühlung! Denn ziemlich schnell reicht in den Schatten gehen und sich wenig bewegen nicht mehr, um ein Überhitzen unseres Körpers zu verhindern. Der einfachste Mechanismus zur Kühlung ist dabei, den Wärmeaustausch unseres Körpers zu verbessern - oder einfach gesagt: Mehr Wärme an die Oberfläche zu lassen. Und wie geht das? ganz einfach: Wir weiten unsere Gefäße, so dass mehr Blut unter die Haut strömt und sich da abkühlen kann. Das erkennt man schön daran, dass wir etwas rot werden und eventuell unsere Finger und Zehen anschwellen - letzteres vor allem, wenn unser Kreislauf nicht allzu gut funktioniert, zum Beispiel weil wir alt oder unfit sind, oder weil er mit anderen Hochleistungen wie körperlicher Tätigkeit oder gar Schwangerschaft sowieso schon an der Leistungsgrenze ist! Das erklärt übrigens auch das Phänomen des "Sommerpenis", der immer wieder mal durch die Sommerlochpresse geistert - der schwillt halt auch etwas an und wirkt dann größer, aber halt nur im Ruhezustand, mit Blut vollgepumpt ist er wie sonst auch - wenn der Kreislauf das bei der Hitze hinbekommt...
Braunrückentukan im Zoo Basel mit coolem großen Schnabel!
Wir können unseren Wärmeaustausch übrigens noch verbessern, wenn wir unsere exponierte Oberfläche vergrößern - also weniger Kleidung tragen und unsere Arme und Beine vom Körper strecken - so schlafen wir ja im Hochsommer alle! Was auch hilft, ist klein und/oder schlank zu sein, da wir dann mehr Oberfläche pro Körpervolumen zur Verfügung haben - da sind Frauen und vor allem Kinder dann gegenüber Männern im Vorteil - erfrieren aber im Kalten halt auch schneller... Manche Tiere haben das Prinzip sogar noch durch großflächige Körperanhänge optimiert, zum Beispiel afrikanische Elefanten mit ihren Ohren oder Tukane mit ihrem Schnabel, die beide den Wärmeaustausch nachweislich fördern!
Da Wärmeaustausch eine ganz schöne Belastung für den Kreislauf darstellt, ist es übrigens keine gute Idee, letzteren bei Hitze noch besonders zu fordern. Körperliche Tätigkeit ist da eine Sache, die man nicht übertreiben sollte, Koffein und Alkohol sind aber auch keine gute Idee: Koffein treibt den Kreislauf zusätzlich an, macht uns eventuell noch aktiver und lässt uns so wärmer zurück. Alkohol erzeugt ein Gefühl der Wärme und weitet die Gefäße, wodurch das Herz noch mehr Pumpen muss - beides bringt also unsere Wärmeregulation durcheinander, wenn sie sowieso schon hart arbeitet. Nebenbei: Alkohol ist deshalb auch zum Aufwärmen keine gute Idee: Geweitete Gefäße führen ja letztendlich zu mehr Wärmeverlust und schnellerem Erfrieren. Der apres-Ski-Drink abends in der warmen Stube dagegen ist kein großes Problem. Viel und schwer Essen ist übrigens für den Körper auch eine Anstrengung und bei Hitze keine gute Idee - Suppe oder Salat sind als leicht verdauliche, wasser- und mineralienreiche Nahrungsmittel dagegen fast ideal!
Hechelnder Haushund in Mexiko
Wer jetzt mitgedacht hat - ich weiß, das ist bei den Temperaturen schwierig - hat vielleicht schon gemerkt, dass das mit dem Blut an der Oberfläche abkühlen nur gut geht, solange es draußen noch nicht zu warm ist. Tatsächlich ist es alleine auch ziemlich wenig effizient, wir würden damit also schon bei eigentlich ganz angenehmen Temperaturen überhitzen. Also brauchen wir mehr Kühlleitung und die bringt uns Verdundtung! Wenn Wasser verdunstet braucht das nämlich eine ganze Menge Energie - im flüssigen Zustand halten die Wassermoleküle nämlich recht eng zusammen und um Wasser zu einem gas zu machen, müssen wir alle diese Verbindungen aufbrechen. Und die Energie dafür kommt praktischer Weise aus Wärme - wenn Wasser verdunstet, wird es also kühl! Und woher bekommen wir Wasser zum Verdunsten? Am einfachsten tatsächlich aus der Atmung - unsere Schleimhäute in der Lunge verlieren nämlich an die Luft Wasser, so dass unser Atem feucht ist - das erzeugt bei Kälte die Dampfwolken und erlaubt uns, Sachen anzuhauchen.Wenn wir die Kühlung über die Atmung noch verbessern wollen, dann atmen wir schnell und flach, so dass die Luft öfter über die Schleimhäute streicht und wir sind beim Hecheln, das wir von Hunden kennen - aber auch von uns, wenn wir uns nach größeren Anstrengungen schnell herunterkühlen müssen. Ein großer Nachteil ist aber, dass Hecheln und aktiv sein schlecht funktioniert, wir können also Laufen oder Schnaufen. Vielleicht gibt es also noch was besseres? Etwas, das mehr Oberfläche nutzt, das sich feiner regulieren lässt und weniger mit unserer Leistungsfähigkeit interferiert? Und ja, das gibt es: Schwitzen!
Homo sapiens - Weltmeister im Schwitzen!
Schwitzen ist vielleicht das non-plus-ultra der Kühlung: Hier wird die Verdunstungskälte mit dem Wärmeaustausch an der Körperoberfläche kombiniert und wir erreichen eine gewaltige Kühlleistung - solange wir genug Wasser zur Verfügung haben und der Schweiß tatsächlich verdunsten kann! Daher ist es wichtig dass wir bei Hitze genug trinken, sonst verdickt sich das Blut und für unser herz wird es noch anstrengender. Am besten trinken wir tatsächlich Wasser, ohne Koffein oder Alkohol - wie besprochen - und ohne Zucker, der nämlich Wasser bindet und uns sogar durstiger machen kann - und dick, was ja auch nicht von Vorteil war... Mineralien zu ergänzen, vor allem Calcium und Magnesium ist allerdings oft sinnvoll, da diese mit Schweiß - im Gegensatz zum Hecheln - auch verloren gehen. Kochsalz haben wir durch unsere Nahrung meist genug, bei viel Wasserverlust kann aber auch das sinnvoll sein. 2-3 Liter Wasser am Tag wären gut, bei körperlicher Aktivität oder extremer Hitze entsprechend mehr. Zu viel, vor allem zu schnell, kann aber auch Probleme bereiten, da unser Körper nicht unbegrenzt Wasser aufnehmen und sinnvoll verwerten kann - wer zu viel trinkt, muss erst dauernd aufs Klo, bekommt dann Schweißausbrüche und eventuell Kreislaufschwierigkeiten, wenn er das Wasser nicht sinnvoll abgeben kann - gerade alte Menschen oder andere mit eingeschränkter Nierenfunktion müssen hier ein bisschen vorsichtig sein. Ach, und richtig kalte Getränke sind zwar manchmal angenehm, aber gerade schnell getrunken für unseren Körper ein ziemlicher Schock, der dann den kreislauf anregt, um den Magen wieder aufzuwärmen... Cocktails also lieber langsam genießen, wenn wir sonst schon genung getrunken haben!
Schwitzen wie ein Schwein? Jein, durch den Schlamm...
Das andere Problem beim Schwitzen kann sein, dass das Wasser auch wirklich verdunsten muss - Schweiß, der als Tropfen herabläuft, hat fast keine Kühlwirkung - das ist in Körperfalten wie z.B. den Achseln oder bei Frauen unter der Brust vielleicht unangenehm, wenn wir großflächig zu dick bekleidet sind, oder wenn die Luftfeuchtigkeit so hoch und die Luft so unbewegt ist, dass die Verdunstung eingeschränkt wird, dann wird es unangenehm - daher hängen die gefühlten temperaturen ja auch von Luftfeuchtigkeit, Wind und Sonneneinstrahlung ab!
Wie schitzt eigentlich ein Storch?
Wenn Schwitzen aber funktioniert, dann wirkt es wahre Wunder und so sind die Tiere die am besten Schwitzen können, wie Menschen oder Pferde, auch die ausdauerndsten Läufer - der Mensch mit seiner nackten Haut sogar einer der ausdauerndsten Läufer überhaupt - einen Hund können wir bei Sommerhitze sogar zu Tode hetzen, der kann nämlich fast nur an den Pfoten schwitzen! Andere Tiere ohne Schweißdrüsen behelfen sich durch wühlen im Schlamm wie Schweine, Belecken des Fells und manche Vogelarten wie der Storch Koten zur Kühlung auf die Beine - wenn ihr Euch also das nächste Mal ärgert, dass ihr schwitzt, denkt dran: Es könnte viel Schlimmer kommen! Die appetitlichere Variante für uns Menschen ist übrigens, Wasser über die Unterarme laufen zu lassenoder die Füsse in kühles Wasser zu stellen: Funktioniert auch...
Beim Menschen funktioniert das mit dem Schwitzen übrigens so gut, dass die anderen Systeme vor allem dann zum tragen kommen, wenn wir wirklich an unsere Grenzen geraten - wird der Kopf also richtig rot und wir hecheln, dann wird es langsam wirklich eng. Durch den Wasser- und Mineralienverlust werden wir irgendwann schwach und träge, können sogar Krämpfe bekommen, der Kreislauf wird immer mehr belastet und wenn wir irgendwann nicht mehr schitzen können und die Haut  trocken wird, dann kann es lebensgefährlich werden. Daher wollen wir am Ende nochmal auf ein paar gesundheitliche Hitzeprobleme zu sprechen kommen - und an der Stelle der Hinweis, das ich hier eine ganz knappe Zusammenfassung gebe ohne Garantie auf Vollständigkeit. In einem Erste-Hilfe-kurs lernt ihr mehr!
Starkes Schwitzen kann manchmal unsere Haut belasten, gerade unter Kleidung oder gar Laborhandschuhen. Dauerhaft feuchte Haut kann leicht verletzt werden oder entwickelt Schweißekzeme, da hilft dann nur regelmäßiges Belüften und evtl. eincremen. Übrigens dienen die Haare in unseren Achseln und im Schritt in solchen Situationen auch als Reibungsschutz - ich habe mir sagen lassen, dass man sich frisch rasiert in der Hitze sehr schnell Wund läuft. Sowas lässt sich aber durch geschickte Bekleidungswahl verhindern.
Unser Kopf ist besonders stark der Sonneneinstrahlung ausgesetzt, so dass er lokal überhitzen kann, besonders bei wenig Haarwuchs - das führt dann zum Sonnestich mit Kopfschmerzen und steifem Nacken, in schweren Fällen zu Schwindel und Übelkeit und im Extrem zu Kreislaufversagen. Die Körpertemperatur sonst bleibt meist normal. Hier kann man durch angepasstes Verhalten und eine Kopfbedeckung vorbeugen - am besten einen hellen, belüfteten Hut, dunkle Hüte muss man öfter mal abnehmen oder mit Wasser nass machen. Als Therapie sind Wasser trinken, Hitze meiden, ein kühlendes Tuch auf der Stirn und in schweren Fällen der Arztbesuch angesagt.
Sonnenbrand ist keine direkte Hitzefolge, sondern entsteht, wenn zellen durch UV-Licht geschädigt werden und sich das Gewebe in der Folge entzündet. Die Reizbarkeit und Rötung kann aber im Frühstadium manchmal schwer von der Rötung durch Überhitzung unterscheidbar sein. Sonnebrand verhindert man durch Sonnencreme und Meiden der Sonne, als Bonus bekommt man dann auch weniger Hautkrebs!
Hitzeerschöpfung habe ich oben schon beschrieben, das kann bis zu einem Kreislaufkollaps mit Ohnmacht führen. Die wichtigsten Vorbeugungsmaßnahmen kennt ihr jetzt alle - die Kühlung des Körpers unterstützen und nicht aushebeln und keinen Alkohol. Als Hilfsmaßnahmen sind Kühlung, evtl. beine hochlegen, bei Krämpfen Magnesiumgabe und bei kreislaufversagen natürlich Wiederbelebung und Arzt rufen sinnvoll.
Der Extremfall wäre der Hitzschlag, bei dem die Temperaturregulation unseres Körpers versagt. Die Temperatur steigt, Schweiß bleibt aus, es kommt zu Krämpfen und es besteht akute Lebensgefahr durch Überhitzung und da das Herz überlastet ist, Blut durch die geweiteten Gefäße zu pumpen. Den Patienten aus der Hitze zu holen, Schocklage mit Beinen hoch bzw. stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit sind ein muss und genauso bitte lieber einmal zu viel den Notruf 112 rufen als einmal zu wenig!

So, ich hoffe, das war einigermaßen unterhaltsam, informativ und vielleicht sogar nützlich. Da es gerade echt noch heiß ist sind sicher viele Rechtschreibfehler drin und vielleicht auch ein paar verkorkste Sätze, die ich nicht mehr gefunden habe. Findet ihr welche, gebt gerne bescheid, vor allem aber, wenn Euch inhaltliche Fehler auffallen. Ansonsten: Danke für Eure Aufmerksamkeit und frohes Schwitzen!