Donnerstag, 7. April 2022

Der Grüne Planet - Teil 5: Photosynthese

 

Kapitel 13 – Photosynthese kann man schlecht erklären

Als Grundschüler hatte ich ein Baumbuch angelegt: Ein Heft, in dass ich Blätter eingeklebt und ein paar interessante Sachen dazugeschrieben habe. Eine Seite hatte ich für die Photosynthese vorgesehen und meinen Vater gefragt, wie die denn genau funktioniert. Er meinte dann, das könne man schlecht erklären. Ich meinte: „Dann erklär es mir halt schlecht!“ Aber es gab auch gleich essen... Naja, muss ich wohl ran!

Natürlich hatte mein Vater nicht ganz Unrecht, Photosynthese kann man zwar leicht im Grundprinzip erklären (Pflanzen machen aus Luft und Wasser Zucker und nutzen dabei Licht als Energie), aber wenn es zu den Details geht, wird es schnell kompliziert. Ich will trotzdem versuchen, eine Erklärung in der Mitte zwischen dem einen Satz und dem Lehrbuch zu geben.

Fangen wir kurz mit Molekülen an. Im Prinzip sind das Atome, die durch Elektronen zu größeren Sturkturen verbunden sind. Je nachdem, welche Atome wie angeordnet sind hat jede dieser Elektronenbindungen eine bestimmte Energie. In manchen Molekülen ist es jetzt möglich, dass ein Lichtteilchen (ein Photon) genau die richtige Energiemenge mitbringt (weil es die passende Wellenlänge und damit Farbe hat), dass ein Elektron damit in eine andere Bindung gebracht werden kann.

Ein Beispiel dafür ist das Rhodopsin in unserem Auge. Darin klappt eine Bindung um, wodurch sich die Struktur ändert, was dann von der Zelle als Signal erkannt wird und voila – wir sehen etwas! Und vom Grundprinzip funktionieren auch die Photorezeptoren von Pflanzen ähnlich. Ein verwandtes Protein zu dem in unserem Auge, das Bakteriorhodopsin kommt in dem Archeen Halobacterium salinarum vor – einem kernlosen Einzeller der in sehr salzhaltigen Seen lebt. Hier wird das Umklappen der Bindung aber nicht nur zur Lichtwahrnehmung genutzt, sondern als eine Art molekularer Pumpe, die Protonen (positiv geladene Wasserstoffatome: H+) über die Zellmembran pumpt. Im Prinzip ist das ein ähnliches Prinzip wie bei einem Stausee – und wenn die Protonen über die Membran zurückfließen, können sie wie bei einem Stausee auch eine Art Wasserrad antreiben. Nur ist das Wasserrad hier ein anderes Protein, das ATP herstellt (Die ATP-Synthase) – ein Molekül, das Zellen als Energiespeicher nutzen – Licht wird also in chemisch nutzbare Energie umgewandelt! ATP alleine ist aber noch nicht genug für echte Photosynthese, da es nur Energie für chemische Reaktionen bereitstellt, aber keine Reaktionen möglich macht, bei denen Elektronen zwischen Molekülen übertragen werden (Redoxreaktionen). Deshalb muss Halobacterium salinarum dafür – wie wir Menschen und alle anderen Tiere auch, Zucker verbrennen.

Bei der Photosynthese kann Licht aber aus einem Molekül ein Elektron sogar komplett herausschlagen und zu einem anderen Molekül überführen – bei Pflanzen ist dieses erste Molekül ein Chlorophyll-bindender Proteinkomplex. Das Elektron wird dann von verschiedenen Proteinen weitergereicht, wobei es Schritt für Schritt seine gewonnene Energie wieder abgibt, wobei diese Energie wieder zum Pumpen von Protonen verwendet wird. Am Ende landet es beim Molekül NADPH – und dieses Molekül dient im Prinzip als ein chemischer Elektronenspeicher – zusammen mit ATP kann die Zelle daher alle Reaktionen antreiben, die sie braucht!1

Jetzt gibt es allerdings noch zwei Probleme: Das erste ist, dass unser Ausgangsmolekül seine Elektronen irgendwie wieder aufgefüllt bekommen muss. Das funktioniert, indem es die Elektonen von einem kleinen Molekül aus der Umgebung nimmt – bei Bakterien gibt es da verschiedene Möglichkeite, Pflanzen aber nutzen Wasser (H2O) – dabei entsteht dann aus zwei Wassermolekülen ein Sauerstoffmolekül (O2) und vier Elektronen sowie vier Protonen (H+) werden frei. Wasser zu spalten hat dabei mehrere Vorteile – zum einen ist es fast überall verfügbar, zum anderen erlaubt es einen relativ großen Energieumsatz und last but not least entsteht Sauerstoff, den man nutzen kann, um chemische Moleküle zu verbrennen und ihre Energie effektiv wieder freizusetzen.

Das andere Problem ist, dass ATP und NADPH keine guten Langzeitspeicher für chemische Energie sind. Sie enthalten Stickstoff und Phosphor, die beide oft Mangelware sind und sind außerdem recht reaktionsfreudig, was hiesse, dass große Mengen auch unerwünschte Reaktionen verursachen könnten. Deshalb schließt sich an die oben beschriebene, durch Licht angetriebene Reaktionskette – die sogenannte Lichtreaktion – eine zweite an, die nicht direkt von Licht angetrieben wird – die sogenannte Dunkelreaktion. Der Name ist aber nicht besonders glücklich, denn in den beide Reaktionen laufen gleichzeitig in den gleichen Zellen und nur dann ab, wenn Licht da ist!

In der Dunkelreaktion spielt jetzt ein Protein eine besondere Rolle, über das wir im nächsten Kapitel noch ausführlicher reden werden – die Ribulose-1,5-bisphosphat-Carboxlase/Oxygenase oder wie Botaniker sie nennen: Rubisco. Rubisco kann nämlich einen ganz speziellen Trick: Sie bindet einen Zucker mit fünf Kohlenstoffatomen (das Ribulose-1,5-bisphosphat aus dem Namen), bindet daran ein Molekül Kohlenstoffdioxid und der Zucker zerfällt in zwei Teile mit je drei Kohlenstoffatomen. Diese können jetzt in einem komplizierten Zyklus weiterverarbeitet werden, wobei ATP und NADPH verbraucht werden und am Ende wieder Ribulose-1,5-bisphosphat gebildet wird – die überschüssigen Kohlenstoffatome aber werden dabei in ein anderes Produkt eingebaut: Glukose, auch bekannt als Traubenzucker. Und Glukose ist nicht nur ein stabiler Energiespeicher, der nur aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff besteht, man kann aus ihr auch große, gut lagerbare Stärke bauen oder Cellulose für Zellwände – der ganze Prozess ist also sozusagen der biochemische Jackpot schlechthin!

Cellulose kann mit Sauerstoff auch wieder zu Kohlenstoffdioxid verbrannt werden und wenn das in Zellen kontrolliert passiert, werden wieder Protonen über eine Membran gepumpt und ATP gebildet – im Gegensatz zur Photosynthese die in Chloroplasten stattfindet, passiert dieser Prozess – die Zellatmung – in Mitochondrien. Und das ist nicht nur der Prozess, wie Pflanzen die Energie aus Zucker wieder freisetzen können – auch in den Organen wie Wurzeln oder noch wachsenden Blättern, die sich nicht per Photosynthese selbst mit Energie versorgen können – die Zellatmung ist auch der Prozess wie wir Tiere die Energie aus unserer Nahrung nutzbar machen!

Natürlich ist alles im Detail noch komplizierter und Zucker kann auch in Fette und Aminosäuren und andere Substanzen umgebaut werden, aber den grundsätzlichen Vorgang haben wir jetzt abgedeckt – und zwar gut genug, dass wir uns in den nächsten Kapiteln mit ein paar spannenden Details zur Photosynthese beschäftigen können!

1Im Detail ist alles noch etwas komplizierter, da es zwei Photonen braucht, um die Reaktion vollständig anzutreiben und es auch einen zyklischen Elektronentransport gibt, der das Elektron zurück zum Anfang bringt und so nur ATP produziert. Aber wer es so genau wissen will, kann in einem guten Lehrbuch weiterlesen

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